MLP ist nicht alternativlos

Liebe Bürgerinnen und Bürger Schwalmtals,

„Was soll denn mit dem Rösler-Gelände passieren, wenn MLP nicht investiert?“

Eine gute, wichtige und oft gestellte Frage!

In der Tat gibt es bisher noch kein fertiges Alternativkonzept in der Schublade. Derzeit sind Kreativität und Energie gebunden, um entweder MLP gegen alle Widerstände durchzusetzen oder aber zu verhindern.

Die Frage, wie das Rösler-Gelände für unsere Kinder als Teil eines sozial ökologischen Transformationsprozesses genutzt werden kann, ist sicherlich nicht von ehrenamtlich politisch engagierten Menschen allein zu lösen. Es ist eine herausfordernde und ambitionierte Aufgabe für eine innovativ und kreativ aufgestellte Wirtschaftsförderung, der es gelingt, die Potentiale Schwalmtals klug in ein Gesamtkonzept für regionale Entwicklung einzubinden.

Nur weil es noch kein Konzept gibt, können wir nicht den schlechtesten Weg wählen:

Investition in ein Gewerbe von gestern, an einem denkbar ungeeigneten Standort, mit Arbeitsplätzen, die für Menschen aus der Region eher unattraktiv sein werden und mit geringem Steueraufkommen mit Verkehrsproblemen und Straßenschäden von morgen, damit privatwirtschaftliche Gewinne bei Investoren generiert werden.

Unsere derzeitigen globalen Herausforderungen sind ungleich größer als eine gute Lösung für das Rösler-Gelände zu finden und wenn wir das schon nicht schaffen, dann schaffen wir auch nicht das 1,5 Grad Ziel mit den schon jetzt spürbaren Folgen. Aber viele neue Lösungen auf regionale Herausforderungen sind Teil der Lösung globaler Probleme, eben des notwendigen sozial ökologischen Transformationsprozesses.

Es gibt immer eine Alternative

Im Ortskern der Gemeinde Schwalmtal gibt es eine Industriebrache, die man nutzen kann, um Zukunftskonzepte umzusetzen, um Arbeiten, Wohnen und regionale (Energie)Versorgung zusammen zu denken. Mögliche Ideen:

  • Quartiersentwicklung – Wohnen, Arbeiten, Konsum und Freizeit kombiniert vielfältiges Gewerbe und verringert Verkehr
  • Innovative Gewerbeansiedlungen mit Bildungseinrichtungen kombinieren. Berufliche Bildung als weitere Option für die 3000 Schüler am Bildungsstandort Schwalmtal. Innovativ ist jedes Gewerbe aufgestellt, das die großen Herausforderungen der Zukunft bedient: Klimatechnik, Energietechnik, Ressourcen schonen, Verkehrswende usw.
  • Solarpark, Wasserstoffproduktion
  • Hydroponik/Aquaponik-Park (Siehe: https://hydroponik.eu/aquaponik/). Es gibt konkretes Interesse dafür in unserer Region.

Es ist zu prüfen, ob auch Gebäudebestand erhalten werden kann, um so wertvolle graue Energie (= die in den Bau des Bestands investiert wurde) einzusparen und ein Stück der Identität Schwalmtals zu erhalten. Das Rösler-Gelände ist nicht nur ein von Industrieabfällen belasteter Schandfleck, es ist eine Alternative zum weiteren Verbrauch von wertvollem Ackerland mit fetten, ertragreichen Böden, die die Versorgung von Menschen weit über unsere Region und unsere eigene Lebenserwartung hinaus sichern können.

Zeiten ändern sich – wir müssen anders denken

Wir erleben gerade, dass sich Wertigkeiten verschieben. Investitionen in regenerative Energien, die gestern noch unrentabel waren, rechnen sich auf einmal. Die Preise für Grundstücke sind in den letzten Jahren explodiert, wann ist der Break-Even-Point erreicht und auch die Sanierung des Rösler-Geländes lohnt sich? Neue Verfahren können womöglich die Reinigung ermöglichen, statt der teuren Entsorgung des Erdreichs.

Transformation bedeutet auch, wir müssen dreidimensional statt zweidimensional denken, auch wenn es uns Menschen sehr schwerfällt und uns die einfachen Lösungen lieber sind. Die Auswirkungen auf die Umwelt und damit auf zukünftige Generationen müssen mitgedacht werden. Jedes erfolgreiche Unternehmen leistet sich Mitarbeitende, die sich ausschließlich mit Zukunftsstrategien beschäftigen. Eine Kommune, die der Daseinsvorsorge verpflichtet ist, muss dies erst recht tun.

Strukturwandel als Chance

In unserer unmittelbaren Nachbarschaft – im Rheinischen Revier  – findet derzeit ein weltweit beachteter Strukturwandel statt. Mit dem Braunkohleausstieg gibt man aus Klimaschutzgründen eine komplette Branche auf, die mittelfristig noch eine wirtschaftliche Chance gehabt hätte. Dieser Strukturwandel soll nicht nur für die rund 50.000 Arbeitsplätze in der energieintensiven Industrie des Rheinischen Reviers Ersatzarbeitsplätze in den Zukunftsfeldern Energie und Industrie, Ressourcen und Agrobusiness, Innovation und Bildung sowie Raum und Infrastruktur schaffen. Prognosen gehen davon aus, dass darüber hinaus weitere 13.000 Arbeitsplätze in der Region entstehen. Was können wir tun, um an den Entwicklungen, die in diesem Reallabor zur Modernisierung von Wirtschaft und Gesellschaft stattfinden, zu partizipieren?

Stärken der regionalen Wirtschaft nutzen

Statt bei der Wirtschaftsförderung nur darauf zu setzen, neue Unternehmen anzusiedeln, sollten regional verortete und verwurzelte Unternehmen sowie Landwirte aber auch regionale Initiativen in den Blick genommen werden. Mit dem Ziel, kooperative Wirtschaftsformen auszubauen und regionale Wertschöpfung zu stärken, könnten zukunftsweisende Geschäftsmodelle entwickelt werden, die gleichzeitig einen Beitrag für mehr Klimaschutz, einen sparsameren Umgang mit Ressourcen und einen Zusammenhalt der Gesellschaft fördern. Neben Unternehmen, die in unserer Gemeinde produzieren und wirtschaften, sollten Initiativen des Teilens und Tauschens (Sharing Economy), der gegenseitigen Hilfe und Kooperation (Sozialunternehmen), lokal und nachhaltig handelnde Initiativen und regionale Formen des Leistungsaustauschs gestärkt werden.

Durch die weltweiten Krisen gewinnen die Stärken einer regionalen Wirtschaft – krisenfest und resilient zu sein und die Versorgungssicherheit zu erhöhen – an Bedeutung. Außerdem verbleiben Gewinne in der Region, statt abzufließen.

Die Herausforderungen der Gemeinde Schwalmtal – ein „Schlafdorf“ mit klammer Kassenlage, einer belasteten Industriebrache, einer (öffentlichen) Infrastruktur, die viele Wünsche offen lässt, müssen zusammengedacht werden. Kreativität und Energie müssen für die Gestaltung eines lebenswerten Schwalmtals gebündelt werden.

Die Investition von MLP leistet dazu keinen Beitrag.

Mit herzlichen Grüßen

Bündnis 90/DIE GRÜNEN Schwalmtal

 


Da es um mehr geht als die berechtigten Interessen der direkt betroffenen Bürgerinnen und Bürger unserer Gemeinde, bitten wir Sie herzlich, zur Verbreitung dieses offenen Briefs in Ihrem persönlichen Umfeld beizutragen. 

 

 

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3 Kommentare

  1. Der Ansatz ist m.E. falsch !
    Mit den derzeitigen Aktionen der Grünen, die weder Eigentümer des Industriegeländes noch irgendein Mandat der Einwohner der Gemeinde Schwalmtal haben, werden vermutlich aktuelle Interessenten für das Gelände einschließlich der Immobilien abspringen und eine Ruine verbleiben, wie wir sie in Hostert seit Jahren besichtigen können.
    Verantwortlich für die Beseitigung der Verunreinigungen auf dem Firmengelände der ehemaligen Rösler Draht AG ist die Gemeinde Schwalmtal als jahrzehntelanger Empfänger der Gewerbesteuereinnahmen des damals größten Arbeitgebers in Schwalmtal.
    Entweder wurde nicht gewagt zu fordern oder aber vergessen zu verlangen, dass die Firma Rösler Draht AG die Verunreinigungen des Bodens durch den Geschäftsbetrieb der Verzinkerei fachgerecht entfernt !
    Dies den nachfolgenden Käufern ( jetzigen Eigentümern ) oder jetzt Nutzungsinteressierten auferlegen zu wollen, ist schon mehr als dreist.
    Erst wenn die Gemeinde ihr Versäumnis nachgeholt und der Boden saniert ist, wird dort eine normale, zukunftsträchtige Gestaltung möglich werden !
    Darauf lege ich als langjähriger Bürger der Gemeinde Schwalmtal großen Wert und bin sicherlich nicht alleine mit meiner Meinung !

    1. Herr Frentzen, danke für Ihren Kommentar. Unser politisches Mandat ergibt sich daraus, dass wir Ratsfraktion sind und ca 30% Stimmenanteil bei der letzten Kommunalwahl auf uns vereinen konnten.
      Ich finde Ihren Ansatz bzgl der Haftung interessant. Es wäre in der Tat folgerichtig, wenn die Verursacher bzw. der Profit daraus herngezogen worden wäre. Es gilt aber zur Zeit rechtlich, dass der Eigentümer haftet.
      Die Sanierung der Altlasten wird daher immer mit der Folgenutzung verbunden – also egal, wer investiert, die Nutzung muss wirtschaftlich die Altlastensanierung ermöglichen.

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