Aus Verantwortung für Schwalmtals Zukunft

Wir Grünen werden gegen den aktuellen Bebauungsplan für den „MLP Business Park Niederrhein“ stimmen. Unserer Meinung nach ist es zwar gut und richtig, dass mit dem etwa 150.000 qm großen Areal – neben dem Elmpter Flughafen das größte brachliegende Gebiet in der Region – endlich etwas geschieht. Allerdings haben wir dem dem Vorhaben seinerzeit nur unter dem Vorbehalt der Kenntnis diverser noch ausstehender Gutachten und der Prüfung des endgültigen Bebauungsplans zugestimmt.

Nun liegen diese damals noch fehlenden Unterlagen vor und insbesondere das Thema Verkehr sehen wir nach wie vor mehr als kritisch. Unser Fraktionsvorsitzender Jürgen Heinen sagt dazu:

„Der im Falle einer hauptsächlichen Nutzung im Bereich Logistik zu erwartende Verkehr ist für unsere Gemeinde nicht zu verkraften. Aufgrund der geografischen Lage des Areals zur Autobahn A52 und A61 wird das erhöhte Verkehrsaufkommen für viele Bürger*innen eine weitere Belastung darstellen, die das Fass endgültig zum Überlaufen bringt. Wir teilen ausdrücklich nicht die im Verkehrsgutachten dargelegte Einschätzung, dass der zu erwartende Zusatzverkehr den Bürger*innen der Gemeinde Schwalmtal noch zuzumuten ist.“

„Mitten durchs Herz – wir spalten unser Dorf.“

Im Unterschied zu den Logistikparks in Elmpt oder Mönchengladbach liegt das ehemalige Rösler-Gelände mitten im Ort. Man muss daher auch an die Anwohner*innen, an die Sicherheit, insbesondere auch die Schulwegsicherung und an die Umweltbelastung denken.

Die angestrebte bzw. im Gutachten favorisierte Verkehrsführung der Schwerlasttransporte soll über die Nordtangente geführt werden – also entlang der neuen „Burghof“-Baugebiete und mitten durch Waldniel. Laut Verkehrsgutachten werden anfangs 752 PKW und 756 LKW erwartet. Das sind insgesamt 1500 zusätzliche An- und Abfahrten am Tag. Schon jetzt weist der Investor jedoch auf das doppelte Verkehrsaufkommen in vergleichbaren Logistikparks hin. Wir gehen auch angesichts weiterhin stetig steigender Zahlen bei Logistikbetrieben davon aus, dass 500 LKW mit 1000 Fahrten am Tag realistisch sind.

©Evgeny Sinigalya/depositphotos

Beispiele vergleichbarer Projekte in NRW zeigen erheblichen Mehrverkehr in Spitzenzeiten wie Weihnachten, wo die infrastrukturelle Planung bei weitem nicht ausreicht und erhebliche Stausituationen bis auf die Autobahnen auftreten. Bezogen auf Prognosen für die Zukunft ist auch nach Corona nicht damit zu rechnen, dass die erhebliche Steigerung des Versandhandels sich wieder reduziert, was wiederum auch ein hohes Niveau des Verkehrsaufkommens für Logistikbetriebe nach sich zieht. Das Verkehrsgutachten legt jedoch Zahlen weit vor der Corona-Pandemie zugrunde – der jetzt vorgestellte „Prognose-Fall“ ist daher schon jetzt deutlich realitätsfern.

Nahezu minütlich ein LKW – bei einem solchen Verkehrsaufkommen ist es mit Lärmschutzmaßnahmen allein nicht getan. Das vorgeschlagene Mittel der Entpflasterung der Kreisverkehre ist noch vom Investor zu finanzieren, führt aber zu höherer Geschwindigkeit und damit auch zu erhöhter Unfallgefahr, speziell für den kreuzenden Schüler- und Fahrradverkehr. Permanentes Abbremsen und Anfahren verursacht noch mehr Lärm und der 24h-Betrieb gönnt den Schwalmtaler*innen kein Durchatmen.

Doch die eigentliche Frage bei der Verkehrsführung ist: Wie wird sich der Verkehr tatsächlich bewegen? Wir prognostizieren, dass auf die Bürger*innen der Wohngebiete Cleeracker, Burghof, Ungerath, Zoppenberg, Waldnieler Heide, Hostert, Eicken, Naphausen, Musikantenviertel und Heerstraße schädliche Beeinträchtigungen zukommen. Die an- und abliefernden LKW lassen sich einfach nicht zuverlässig steuern, das wird auch im Gutachten eingeräumt. Schaltet man am Kreisverkehr (Weuthen) das Navigationsgerät an, und das macht jede*r Berufskraftfahrer*in, werden nur die nach den Niederlanden fahrenden LKW über die Südtangente (Ungerath) geführt. LKW mit Ziel Aachen, Köln, Düsseldorf, Duisburg und Venlo werden über Eicken/Zoppenberg nach Hostert zur Auffahrt A52 – bzw. Eicken /Mackenstein zu A61 geleitet. In Aussicht gestellte Vereinbarungen in Mietverträgen änderen daran in der Praxis nichts – das zeigen Erfahrungen mit anderen Standorten.

Von Altlasten zu Neulasten

Die jetzige Industriebrache beruht auf einer Planung von vor 100 Jahren und beschert Schwalmtal jetzt eine massive Altlastenproblematik durch schwermetallbelastete Böden. Jürgen Heinen fasst unseren Vorschlag so zusammen:

„Natürlich muss das Gelände entwickelt werden. Aber dann statt Versiegelung wie auf einer Deponie mit echter Altlastensanierung – dafür läuft aktuell ein Programm mit 80 % Förderung. Eine kleinteiligere Gewerbeentwicklung wäre mit einem vernünftigen Verkehrskonzept für den Ortsteil Waldniel deutlich weniger belastend – und würde sowohl flächenbezogen für mehr als auch für durchschnittlich hochwertigere Arbeitsplätze sorgen.“

© Werner Lüders

Die vom geplanten Logistikzentrum gezeichnete Zukunft löst das Altlastenproblem im wahrsten Sinne des Wortes also nur oberflächlich. Die Chance, das Altlastenproblem jetzt tatsächlich zu beseitigen, wird mit der Versiegelung jedoch für Jahrzehnte vertan. Gleichzeitig werden zusätzliche Lasten für die kommenden Jahrzehnte geschaffen – dieses Mal in Form nicht zu bewältigender Verkehrsprobleme.

Fraktionsgeschäftsführer Jan Vander stellt daher die Verbindung von Alt- zu Neulasten her:

„Wir haben doch Verantwortung für die Zukunft. Deshalb müssen wir die sich selbst fortschreibende Geschichte der Belastung unseres Ortes unterbrechen. Sonst werden uns unsere Kinder und Enkel zu Recht fragen, wie wir jemals die Entscheidung treffen konnten, unserem Ort solche Lasten für Jahrzehnte aufzubürden.“

„Es geht um die Menschen in Schwalmtal“

Jürgen Heinen fasst zusammen:

„Wir haben uns gefragt, was heißt das für unsere Gemeinde? Was bringt es uns wirklich? Sind vergleichsweise wenig Arbeitsplätze im unteren Lohnbereich und bei internationalen Mietern oft geringe bis ausbleibende Gewerbeeinnahmen schon Grund genug, diese massiven Nachteile in Kauf zu nehmen? Zumal auch Folgekosten auf die Gemeinde zukommen. Durch die falsch interpretierte Verkehrsführung werden nachträglich zusätzliche Schallschutzmaßnahmen für die betroffenen Gebiete notwendig, die der Investor nicht abdecken wird. Die hohe Belastung der Verkehrswege wird auch zu überproportionalen Kosten für die Erhaltung und Erneuerung führen. Viel schlimmer aber noch: Wir opfern Sicherheit, Ruhe, Luft- und Lebensqualität der Menschen, die in Schwalmtal leben. Heute, und auch in Zukunft. Es ist eine schwere Entscheidung, eine Gewissensentscheidung, die wir zugunsten der Menschen in unserem Ort getroffen haben:

Wir lehnen einen Logistikpark mitten in Waldniel hauptsächlich wegen des nicht zu bewältigenden Verkehrsaufkommens ab.“